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Die Nein-Phase - Segen oder Fluch?

"Nein, ich will nicht!"

Es sind 11 Grad, wir sind auf dem Spielplatz verabredet, aber als wir losgehen wollen gibt es ein Schuh-Problem. Mein 4-Jähriger sagt “NEIN” zu den blauen Turnschuhen, “Nein” zu den bunten, “Nein” zu den kleinen Stiefelchen… jetzt drückt nicht nur der Schuh, sondern langsam auch die Zeit. Ich werde ungeduldig und zunehmend genervter. Bevor ich in eine schlechte Laune Spirale gerate, drücke ich meinen innerlichen “Pause-Knopf”, zoome mich heraus und betrachte das Geschehen aus der Vogelperspektive. Reset. 

Ich sehe schon viel klarer und frage ihn nun in einem ruhigen Ton “Möchtest du auf den Spielplatz gehen?” Er antwortet “Ja”. Ich frage wieder “Welche Schuhe möchtest du dafür anziehen?” Er sagt mit all seiner Überzeugung “Die Flip Flops”. Ohne dies bei 11 Grad zu diskutieren, antworte ich ihm. “In Ordnung, ich weiss, du liebst deine Flip Flops sehr und natürlich fühlt es sich super an, wenn die Füsse frei. Zieh sie gerne an und gehe kurz vor die Tür, ob sie warm genug sind.” Er folgt meiner Aufforderung begeistert und kommt mit seinen Flip Flops an den Füßen von der Terrasse zurück und sagt “Das ist warm genug”. Uff, was nun, er kann ja nur krank werden…es ist viel zu kalt… aber bevor ich es zuende denken kann, ergänzt er von selbst: “Aber vielleicht nehmen wir die blauen Schuhe einfach in deiner Tasche mit?” 

“Prima Idee”, sage ich ihm. Am Spielplatz angekommen sagte er “Mama, kann ich jetzt bitte die blauen Schuhe anziehen? Die sind doch besser.” 


Die NEIN-Phase ist unfassbar anstrengend und nervenaufreibend für uns Eltern, fordern sehr viel Fantasie und Flexibilität UND sie ist ein Geschenk in der Entwicklung deines Kindes!


Die wichtigste Regel für den Umgang mit dem NEIN deines Kindes ist immer:

Bleibe in Verbindung und verhindere Machtspiele.


Ein “NEIN” deines Kindes bedeutet:

  • eine eigene Meinung zu entwickeln
  • Grenzen zu setzen bzw. seine Ideen und Gedanken von Anderen abzugrenzen
  • Selbstschutz
  • Stärkung des Selbstbewusstseins (lernen etwas zu tun oder nicht zu tun, weil man ein Bewusstsein für den eigenen Körper und die eigenen Bedürfnisse entwickelt)


So weit so gut. Ein NEIN deines Kindes ist also sinnvoll und gut für eine gesunde Entwicklung, aber wie zur Hölle verhalten wir uns dann immer richtig? Unser Kind kann ja schliesslich auch nicht alles selber entscheiden. Oder doch? 


Für mich gibt es 3 Nein-Kategorien und hier kommen meine Impulse wie ich damit umgehe:


1. Das akzeptable NEIN


Denke darüber nach, ob das NEIN deines Kindes akzeptabel oder berechtigt ist. 

Was bringt deinem Kind das NEIN in diesem Moment? Abgrenzung, Selbstschutz, Standhaftigkeit der eigenen Meinung? Es ist dir nicht ersichtlich, aber du kannst das NEIN trotzdem akzeptieren, weil es niemandem schadet?

Sollten die Konsequenzen des NEINS weder die Gesundheit noch die Sicherheit deines Kindes oder anderer Menschen gefährden, akzeptiere es und nimm das NEIN ernst. 

 

  • Nein, ich möchte nicht mit dem Kind fangen spielen
  • Nein, ich möchte das nicht abgeben oder teilen
  • Nein, ich möchte das nicht essen 



2. NEIN nur mit Alternative 


Ich werde häufig gefragt “Was mache ich, wenn mein Kind eine feste Routine oder eine Regel ablehnt und verneint? Dinge die MIR wichtig sind und innerhalb der Familie funktionieren müssen?”

Routinen und Regeln sind wichtig für Kinder und für ein funktionierendes Familiensystem und wir sollten versuchen diese konsequent aufrecht zu erhalten. Was aber, wenn uns das NEIN dazwischen kommt?


  • “Baaaadezeeeeit” - “Nein, ich will nicht!!!”


Schaue und höre in solchen Fällen genauer hin. Ist dein Kind vielleicht heute zu müde zum baden? Hat es hunger? Ist es gerade total vertieft in ein Spiel? Es gibt Ausnahmen, in denen es sinnvoller ist, eine Regel oder Routine zu brechen und das Nein des Kindes zu bevorzugen, als einen Machtkampf daraus entstehen zu lassen. Eine Antwort könnte z.B. sein: 

  • “Ich habe das Gefühl du bist schon sehr müde, sollen wir das schöne Badefest  besser auf morgen verschieben?” 
  • “Du spielst gerade so schön mit den Playmo-Figuren, stimmt’s? Wie wäre es, wenn du die Figuren einfach mit in die Badewanne nimmst?”


Regeln und Routinen können nicht erzwungen werden, sondern brauchen das Verständnis und die Kooperation des Kindes. Regeln und Routinen geben Kindern Sicherheit, weshalb sie sie gerne freiwillig aufrecht erhalten, ausser es gibt ein Bedürfnis, was dem im Weg steht. 

Ausnahmen und Alternativen zum Nein stellen Regeln und Routinen nicht in Frage, sie entkräften auch nicht deine natürliche Autorität, sondern bieten einen punktuellen Kompromiss auf Augenhöhe.



3. NEIN zum NEIN 


Wenn dein Kind ein NEIN formuliert, was seine Gesundheit oder seine Sicherheit gefährdet, deine Grenzen überschreitet oder jemandem schadet, muss es ein klares NEIN zum NEIN geben. Dabei ist deine innere Überzeugung wichtiger als viele Worte. 


Beispiele:

  • Nein, ich möchte mich nicht anschnallen
  • Nein, ich möchte nicht an der Hand über die Strasse laufen 


In diesen Situationen reicht eine kurze, bestimmte aber ruhige Erklärung, wie z.B. “Um Autofahren zu können, müssen sich alle Passagier anschnallen” 

Es gibt alternativlose Entscheidungen, die allein die Eltern treffen, da die Kinder die weitreichenden Konsequenzen nicht überschauen können.


Diesen Satz kannst du sowohl leise zu dir selber sagen oder auch zu deinem Kind: 

“Meine Aufgabe als Mami/Papi ist es, dafür zu sorgen, dass du sicher bist und es dir gut geht. Deshalb treffe ich jetzt diese Entscheidung für dich und du darfst diese Entscheidung blöd finden.




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